Sonntag, 10. Mai 2015

Bad Nauheim XI: Die Judengasse in Friedberg

Hier schlug einst das jüdische Herz Friedbergs. Heute macht die Judengasse einen verlassenen Eindruck, jedenfalls am späten Sonntag Nachmittag. Einzig an der Ecke Judenplacken / Judengasse spielen ein paar Kinder Fußball.

Blick in die Judengasse. Links ist der ehemalige Standort der Synagoge.
Zwischen Judengasse und Judenplacken befand sich über drei Jahrhunderte das jüdische Ghetto. Von der nichtjüdischen Umwelt waren die Bewohner durch zwei Tore abgetrennt.

Blick auf das Mahnmal für die 1938 zerstörte Synagoge Friedbergs. Die Westmauer (links) ist noch erhalten. 
Die ersten Juden kamen um 1240 nach Friedberg. Etwa 100 Jahre später wurden sie durch die Armleder- und Pest-Pogrome vertrieben, durften sich einige Jahre aber wieder ansiedeln. Die Gemeinde wuchs und blühte auf. Bis ins 19. Jahrhundert war Friedberg ein wichtiger Rabbinatssitz.

Blick auf die ehemalige Westwand der Synagoge mit den Namen der in der Shoah ermordeten Friedbergerinnen und Friedberger.
1933 waren knapp drei Prozent der Friedberger Einwohner Juden. Nur wenigen gelang es, sich zu retten. Für die, die in Friedberg blieben, wurde die Judengasse wieder zum Ghetto: Sie mussten in sogenannte Judenhäuser umziehen.

Erinnerungstafel für die Synagoge - wie so oft so gestaltet, dass sie schlecht zu lesen ist.
Die letzten jüdischen Friedberger wurden am 16. September 1942 deportiert - wie überall in NS-Deutschland unter den Augen der Bevölkerung. Sie mussten eine Nacht in der Turnhalle der Augustinerschule verbringen, kamen dann in ein Sammellager in Darmstadt und von dort in die Vernichtungslager.

Seit 1942 gibt es keine jüdische Gemeinde mehr in Friedberg.

Die Synagoge wurde im Novemberpogrom 1938 zerstört. 1996 wurde dort ein Gedenkort eingerichtet, der leider verschlossen war,als wir dort waren - ich vermute, er ist normalerweise verschlossen. Ich konnte also nur durch den Zaun sehen und fotografieren.

Die ehemalige Mikwe, heute eine Außenstelle des Wetterau-Museums. Wegen der spielenden Kinder in der engen Gasse, war leider keine andere Perspektive möglich. 
Sehr gerne hätte ich mir noch die ehemalige Mikwe angesehen, die eine der wenigen erhaltenen mittelalterlichen Groß-Mikwen ist, aber wir waren zu spät dran, das Museum war schon geschlossen.

Dass die Mikwe noch erhalten ist, ist Friedberger Bürgern zu verdanken: Während des Novemberpogroms stellten sich ein Geschichtslehrer des Aufbaugymnasiums und seine Schüler dem Mob entgegen und verhinderten den Sturm des Gebäudes.

Mehr zur Geschichte der Friedberger Synagoge und der Mikwe mit vielen Fotos gibt es hier, hier und hier zu lesen.

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