Freitag, 12. August 2016

Ausgelesen: Bücher im Juli 2016

Die Gnadenkirche in Mülheim-Heißen.
Im letzten Monat hatte ich unfreiwillig sehr viel Lesezeit. Ich war nämlich mit Mudderns über ihren Geburtstag ein paar Tage unterwegs.

Vor drei Jahren, als wir in Oberursel waren, reifte die Idee, jedes Jahr über ihren Geburtstag gemeinsam ein paar Tage an die Orte ihrer Kindheit zufahren.

Aufgrund des Berufs ihres Vaters zog sie nämlich sehr oft um. Einzige Konstante sind eigentlich nur die sechs Kriegsjahre im damals von Deutschen besetzten Polen und dann die Zeit in Hamburg, aber da war Mudderns schon fast erwachsen.

In den letzten beiden Jahren ging's Mudderns psychisch zu schlecht zum Verreisen, aber dieses Jahr machte es den Anschein, dass sie sich wieder berappelt hat. So fuhren wir also nach Mülheim an der Ruhr. Nun ja, der Schein trog. Mudderns war die Woche komplett von der Rolle, und zusätzlich machten ihr die große Hitze sowie eine Blasenentzündung zu schaffen. Es wäre vernünftiger gewesen, die Reise abzusagen oder vorzeitig zu beenden, aber beides wollte Mudderns nicht.

So beschränkten wir uns darauf, morgens einen kurzen Spaziergang zu machen, bleiben dann über Mittag im Hotel und gingen abends ein paar Schritte zum nächsten Lokal. Bis auf eine sagte ich alle geplanten Besichtigungen und Verabredungen ab. Und so hatte ich viel Zeit zum Lesen, denn das Hotel verlassen und alleine durch Mülheim zu butschern, ging nicht - Muddern hatte Angst, alleine zu bleiben. 

Quelle: Sutton
Da Mudderns gerne Krimis liest und zwischen 1948 und 1951 in Mülheim-Heißen lebte, kamen mir die Mülheim-Krimis von Monika Detering und Horst-Dieter Radke als Reiselektüre und Geburtstagsgeschenke gerade recht. "Blütenreine Weste"* spielt in Mülheim im Jahr 1951. Kriminalinspektor Alfred Poggel, der dem NS-Regime wohl kritisch gegenüberstand, versucht sich inmitten alter und neuer Strukturen zurecht zu finden.

Der Leser wird mit einer sehr drastischen Szene direkt in die Handlung katapultiert, hinein in eine Welt voller Schieber und Schwarzmärkte, kurz vor dem Beginn des so genannten Wirtschaftswunders. Poggel muss sich zurecht finden in einer Stadt, in der der Krieg noch immer sehr spürbar ist. Als der zwielichtige Heinz Lennewegs, der Liebhaber von Poggels neuer Zimmerwirtin Anna Puff, ermordet wird, ist sein Vorgesetzter Goeke, der eine NS-Vergangenheit hat, deshalb richtig froh, Poggel auf den neuen Fall ansetzen zu können. Aber der Inspektor hat zu viel erlebt, um sich so einfach ablenken zu lassen.

Im Anschluss las ich "Endstation Heißen"* von den gleichen Autoren. Poggel ist inzwischen zum Chef der Mordkommission aufgestiegen, wohnt aber immer noch auf Zimmer bei Anna Puff in Heißen. Kaum aus dem Urlaub zurück, muss er in einem Todesfall ermitteln, der sich unweit der Heißener Gnadenkirche ereignete: Eine junge Frau wurde missbraucht und erwürgt.

Ein Täter ist schnell gefunden, ein Sonderling, dem die Nachbarschaft misstraut, so sehr, dass sie zur Lynchjustiz greifen will. Aber während der Verdächtige noch in Haft ist, ereignet sich ein zweiter Todesfall. Poggel sucht also weiter nach einem Täter.

Beide Krimis machten Spaß. Der Spannungsbogen ließ zwar gelegentlich zu wünschen übrig, aber Lokalkolorit und humorvolle Schilderungen machten das wieder wett. Viele Orte, die Detering und Radke beschreiben, existieren noch, wie das Stadtcafé Sander. Gerne wäre ich da mit Mudderns konditorn gegangen, aber sie war so neben der Spur, dass sie noch nicht mal zu etwas, das sie normalerweise liebt, zu bewegen war.

Als ich für Mülheim packte, wollte ich eigentlich nur "Blütenreine Weste"* einpacken, denn ich dachte, ich komme doch nicht zum Lesen - Erfahrungswerte aus anderen Reisen mit Mudderns. Dann dachte ich, ach, pack' die Fortsetzung auch noch ein, wer weiß. Und schließlich dachte ich mir, jetzt schleppe ich schon so viel am Gepäck mit, da kommt es auf das eBook auch nicht mehr an. Das war meine Rettung, denn die beiden historischen Krimis hatte ich zwei Tage vor Abreise durch.

Schon Anfang des Monats hatte ich mir einige eBooks der "drei ???" auf den Reader geladen, die ich zügig nacheinander weg las. So war ich also vor und nach Mülheim an der Ruhr literarisch im fiktiven Rocky Beach am Pazifik unterwegs.

"Die drei ??? und die flüsternden Puppen"* fand ich ziemlich schwach. Durch einen gefundenen Walkman kommen Justus, Peter und Bob einer Entführung auf die Spur, die sie bis nach Mexiko führt. So weit, so gut, aber schon nach wenigen Seiten hatte ich das Gefühl, die Hobby-Detektive sollen an der Nase herumgeführt werden. Ich hatte Justus im Verdacht, seinen beiden Freunden einen Streich spielen zu wollen. Ganz so war's zwar nicht, aber die gelegentlich schon mal recht dünne Handlung der Reihe konnte mich hier so gar nicht überzeugen.

Ähnlich war's mit "Todesflug"*: Die Hobbydetektive sitzen durch eine Autopanne mitten in der Wüste fest, und dann auch noch ohne Wasser. Sie kämpfen sich zu einem verlassenen Haus durch und geraten in ein haarsträubendes Abenteuer. Was echt spannend begann, endete dann so, als ob die Seitenzahl abgelaufen wäre: Unlogisch und abrupt. Aber Fans stört so was ja wenig.

"Die drei ??? und der letzte Song"* versöhnte mich dann wieder ein bisschen. Der erfolgreiche Rockstar Lenny „The Rock“ veranstaltet auf seinem Anwesen ein teures Geburtstagskonzert voller Spezialeffekte. Als Höhepunkt der Party hat er eine Überraschung angekündigt. Auch Justus, Peter und Bob sind unter den Gästen. Die Detektive rechnen mit Vielem – doch sicher nicht mit dem, was dann passiert! Bei den Ermittlungen gerät einer der drei in große Gefahr ...

Von den garuenhaften Liedtexten mal abgesehen, war das Buch spannend und in sich einigermaßen logisch, las sich flüssig weg. Allerdings stört es mich gerade ein wenig, dass die drei ??? einfach nicht älter werden. Ob das Konzept heute noch jugendliche Leser anspricht? Aber vielleicht las ich auch einfach nur zu viele Abenteuer der drei Hobbydetektive hintereinander weg und war deswegen übersättigt.

Quelle: dtv
Bevor's an die Ruhr ging und an den Pazifik ging, ging's erstmal an die Nordsee, nach Fredenbüll. Der Gatte hatte uns "Dreimal Tote Tante"* von Krischan Koch* gekauft, weil er den Klappentext so herrlich skurril fand.

Worum geht's? Der Frühling lässt nicht nur die Liebesgefühle der Fredenbüller in Wallung geraten, sondern bringt einige Aufregung in das verschlafene nordfriesische Örtchen: Im Jauchebecken von Schweinezüchter Schlotfeldt tauchen die Leichen zweier vermisster Frauen auf. Pensionswirtin Renate verschwindet nach dem abendlichen Landfrauentreffen und findet sich angekettet in einem dunklen Kellerverlies wieder. Für Dorfpolizist Thies Detlefsen ist klar: Ein wahnsinniger Frauenmörder geht um!

Ich hatte von Koch schon "Flucht über's Watt"* gelesen, das mir gefiel, und mir daraufhin "Rote Grütze mit Schuss"* aus der Onleihe heruntergeladen, aber die Ausleihfrist überschritten, konnte es nicht mehr lesen. So sprang ich also mitten in die Fredenbüll-Reihe und hatte großen Spaß mit der skurrilen Geschichte.

Zum Monatsende begann ich mit "Küstenkoller"* von Richard Fasten. Seinen Erstling "Moin" hatte ich schon mit Begeisterung gelesen, und der zweite Band steht dem ersten in nichts nach. Leseempfehlung für Fasten und Koch!

*Affiliate links zu den genannten Büchern

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