Freitag, 18. September 2015

Rezension: "Nebelkind" von Emelie Schepp

"Verstörend" und "verwirrend" sind die Adjektive, die meine Eindrücke nach dem Lesen des Buches "Nebelkind" von Emelie Schepp beschreiben.

Der Thriller wurde erst im Eigenverlag veröffentlicht, bis er ein Bestseller wurde und die Aufmerksamkeit der Verlage bekam. Die Übersetzung wurde in zahlreiche Länder verkauft, das Buch liegt jetzt erstmals auch auf Deutsch vor. Zuvor veröffentlichte Schepp ein Theaterstück und zwei Drehbücher.

Die Grundidee zeigt sich schon im Klappentext: "Die Staatsanwältin Jana Berzelius wird bei einem spektakulären Fall hinzugezogen: Ein Mann wurde erschossen – die Hinweise verdichten sich, dass die Tat von einem Kind begangen wurde.

Dann taucht die Leiche eines Jungen an der schwedischen Küste auf. Seine Fingerabdrücke passen zu jenen des Tatorts, doch warum sollte ein Kind einen Mord begehen?

Während die Ermittler im Dunkeln tappen, ermittelt Jana auf eigene Faust. Denn der Junge, der das Wort 'Thanatos' als Narbe im Genick trägt, hat ein Geheimnis, das nur Jana kennt: Auch ihr Genick ziert der Name einer Todesgottheit, und nun setzt sie alles daran, herauszufinden, warum."

Von Anfang an weiß die geneigte Leserin also, dass Berzelius irgendetwas mit dem Mord an einem leitenden Mitarbeiter des Amtes für Migration und dem Tod eines Jungen zu tun hat - nur was? Es geht um Drogen- und Menschenhandel und um Mord, und Schepp lässt die Leserin mitten in die Handlung springen, mit dem Fund des Ermordeten durch seine Ehefrau.

Mit Berzelius zusammen ermitteln Henrik Bolin und Mia Bolander. Vor allem zwischen Bolander und Berzelius kommt es permanent zu Spannungen, deren Ursache unklar ist. Sicher ist nur, dass Bolander ein Problem mit dem Reichtum anderer hat, und Berzelius ist wohlhabend.

Überhaupt: Die Protagonisten bleiben ein wenig hölzern, grob gezeichnet, und ich frage mich, was das unglückliche Familienleben Bolins oder die Alkoholsucht und Geldprobleme Bolanders mit der Handlung zu tun haben. Aus letzterem hätte man was machen können, eine käufliche Polizistin zum Beispiel, aber es wird nur erwähnt, bringt die Handlung nicht voran. Zum Ausgleich sind dann manche Wendungen und Entwicklungen nicht ganz nachvollziehbar.  

Ganz aufgeklärt wird der Hintergrund des Verbrechens meiner Meinung nach aber nicht, denn zumindest bei mir blieben am Schluss noch viele Fragezeichen übrig: Wer steckte denn nun eigentlich hinter dem Menschenhandel? Was hat Berzelius Adoptivvater damit zu tun? Weiß er von ihrer Vorgeschichte?

Vielleicht klärt Schepp das im zweiten Buch, an dem sie gerade arbeitet auf, aber ich denke, dafür wäre auch auf den 445 Seiten von "Nebelkind" Platz gewesen. So jedenfalls ließ mich das Buch ein wenig ratlos zurück.

Fazit: "Nebelkind" ist ein düsterer skandinavischer Thriller mit vielen Schwächen.

Verlagsangaben zum Buch: Emelie Schepp: Nebelkind / Thriller / Originaltitel: Märkta for livet / Aus dem Schwedischen von Annika Krummacher / Deutsche Erstausgabe / Taschenbuch / 448 Seiten / ISBN: 978-3-7341-0069-7 / € 9,99 / Verlag: Blanvalet

Hier geht's zur Leseprobe, und hier gibt es ein Interview mit der Autorin.

Danke an Blanvalet und Blogg dein Buch für das Rezensionsexemplar.

Mittwoch, 16. September 2015

Blogger für Flüchtlinge: Mein Vater und das Feuersturm-Denkmal auf der Uhlenhorst

Heute stelle ich Dir einen für mich ganz besonderen Ort vor: Es ist das Feuersturm-Denkmal auf dem Grünstreifen zwischen Hamburger Straße und Oberaltenallee, das an die Nächte der „Operation Gomorrha“, dem sogenannten Hamburger Feuersturm im Sommer 1943, erinnert.

Das Feuersturm-Denkmal vor dem Mundsburg Center. 
Es ist kaum noch vorstellbar, dass die Gegend rund um das Einkaufszentrum „Hamburger Meile“ bis zum Zweiten Weltkrieg dicht bebaut war mit Wohnungen, Geschäften, Kinos, Lokalen … Es gab lichtarme Höfe, kaum Grünflächen und viel zu viele Menschen auf engem Raum (bei "Hallo Barmbek" gibt es eine Reihe von Bildern aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, ebenso auf der Homepage der "Mundsburg Tower", und vor dem Mundsburg Center steht eine Infotafel der Geschichtswerkstatt Barmbek mit vielen Fotos).

Ein Anziehungspunkt war das Karstadt-Kaufhaus an der Ecke Adolph-Schönfelder- und Hamburger Straße. Vom Lokal auf der öffentlichen Karstadt-Dachterrasse in 26 Metern Höhe, überragt von einem fast ebenso hohen Turm mit blauer Lichtsäule, hatte man zu Friedenszeiten einen wunderbaren Blick über die Stadt – so ähnlich, wie ich heute aus meinem Büro.

Das Feuersturm-Denkmal. 
Mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 endeten die Friedenszeiten.

Zwischen 24. Juli und 3. August 1943 bombardierten amerikanische und britische Flugzeuge Hamburg. Etwa 35.000 Menschen starben. Darunter waren 370 Menschen, die vor dem Angriff in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli  in einen öffentlichen Luftschutzraum des Karstadt-Warenhauses flüchteten. Den Bombenhagel überlebten sie, aber sie waren verschüttet. Durch schwelende Kohlenvorräte gelang Kohlenoxyd in den Bunker. Als Rettungskräfte einen Tag später zu den Verschütteten durchdrangen, konnten sie nur noch Tote bergen.

Jeden Tag komme ich mindestens zwei Mal an dem kleinen Denkmal vorbei. Es wurde 1985 zum Jahrestag der Bombardierung eingeweiht, geschaffen von der Hamburger Bildhauerin Hildegard Huza, und zeigt einen in einer Mauerecke kauernden Menschen. Es steht an einem Platz, an dem bis zur Zerstörung im „Feuersturm“ ein beliebtes Café war.

Detail.
Warum ist mir dieses Denkmal so wichtig?

Ganz einfach: Es erinnert mich jeden Tag an meine Familiengeschichte. Im Sommer 1943 war mein Vater 22 Jahre alt, seit vier Jahren Soldat, durchaus begeistert von der nationalsozialistischen Ideologie in den Krieg gezogen, und gerade auf Heimaturlaub bei seiner Familie, unweit der Hamburger Straße, wo sie in einer Wohnung zur Miete lebte.

Die Nächte (und teilweise auch Tage) des „Feuersturms“ verbrachte er mit Nachbarn, seinen Eltern und der zweijährigen Schwester im Keller des Mehrfamilienhauses, Schutz vor den Bomben suchend. Als das Bombardement aufhörte, war der Kellerausgang verschüttet. Als die „Operation Gomorrha“ beendet war, waren 90 % des Stadtteils zerstört.

Der Eilbeker Weg, die Gegend, in der meine Großeltern wohnten, nach den Bombardierungen im Sommer 1943 (Quelle: Imperial War Museum / Royal Air Force)
Erst, als ich schon lange erwachsen war, mein Vater verstorben, erfuhr ich von meiner Tante, dass mein Vater in Eilbek aufwuchs, dass es ihm gelang, sich einen Weg aus dem Keller zu bahnen und sich mit Eltern und Schwester zum Eilbekkanal durchzuschlagen. Dort hatte er ein Kanu liegen, das in dieser schicksalshaften Nacht auch tatsächlich noch da war, von niemand anderem gekapert wurde, mit dem sich die Familie über die Flüsse Wandse und Rahlau nach Rahlstedt durchschlug. Die Fahrt führte vorbei an brennenden Menschen und Häusern, vorbei an Leichen, die im Kanal schwammen.

An meiner damals 43jährigen Großmutter gingen die Ereignisse dieser Nacht nicht spurlos vorbei: Sie bekam schlagartig graue Haare und war bis an ihr Lebensende schwer traumatisiert. „Oma ist im Krieg verrückt geworden“, hieß es in der Familie. „Man kann sie nicht alleine lassen. Sie lässt sogar Wasser anbrennen.“

Das Feuersturm-Denkmal. 
Meine Großeltern blieben nach der Befreiung weiterhin in Rahlstedt. Sie wurden bei einer Direktorenfamilie, deren Haus nicht zerstört war, einquartiert, in einer Altrahlstedter Villa, die noch heute steht. Mein Großvater baute nach der Befreiung ein Haus auf einem Grundstück ein paar Straße weiter – „er baute“ heißt tatsächlich, dass er selbst Stein auf Stein setzte, den Keller aushob und so weiter.

Mein Vater, schon erwachsen, blieb in der „Notunterkunft“ – notgedrungen, denn seine Eltern hatten in dem neuen Haus kein Zimmer für ihn vorgesehen, aus welchen Gründen auch immer (es gibt niemanden mehr, den ich fragen könnte).

Vielleicht war Liebe im Spiel: Die Frau, mit der mein Vater verlobt war, bevor er meine Mutter kennenlernte, war die Tochter der Familie, bei der meine Großeltern, mein Vater und seine kleine Schwester Zuflucht fanden. Die Großeltern setzten große Hoffnung in diese Liaison, hätte die Verbindung doch Wohlstand und gute Verbindungen in die böbere Hamburger Gesellschaft auch für sie bedeutet.

Allein: Mein Vater lernte auf der Arbeit eine junge Frau ohne Schul- oder Berufsabschluss kennen, geflüchtet aus Ostpreußen, untergekommen auf St. Pauli, arm wie eine Kirchenmaus, zudem mit gerade mal 19 Jahren nach damaligem Gesetz noch minderjährig und 17 Jahre jünger als er. Sie sollte meine Mutter werden.

Detail.
Die Eltern meines Vaters waren schockiert, umso mehr, als er für diese Frau zweifelhafter Herkunft Hals über Kopf die Verlobung mit der wohlhabenden Tochter aus gutem hanseatischen Hause löste und stattdessen schnurstracks mit dem Flüchtlingsmädchen zum Standesamt marschierte (und: Nein, sie mussten nicht heiraten, ganz sicher nicht. Sie wollten einfach).

Als Kind habe ich mir nie vorstellen können, dass meine Großeltern väterlicherseits mal woanders als in Rahlstedt gewohnt haben könnten. Ich war noch klein, als meine Großmutter starb, kann mich kaum an sie erinnern, und mit den leise geraunten Bemerkungen der Erwachsenen über den Krieg konnte ich erst recht nichts anfangen.

Meine Mutter erzählte mir später, dass es sie bei jedem Besuch viel Kraft kostete, mich ihrer Schwiegermutter zu entreißen, denn Oma verwechselte mich mit dem Säugling, mit dem sie damals die Bombennächte überlebte und wollte mich nicht hergeben – dass meine Tante längst erwachsen war, als ich geboren wurde, dass sie manchmal sogar neben ihrer Mutter stand, wenn meine Eltern mit mir wegfahren wollten, blendete sie aus.

Oft besuchten wir meine Großeltern väterlicherseits aber ohnehin nicht, denn durch die Heirat war das Verhältnis von meinem Vater zu seiner Familie zerrüttet (und das ist im Großen und Ganzen bis heute so geblieben, aus vielerlei Gründen). Im Unterbewusstsein hat dieses Gezerre aber auch beim mir Spuren hinterlassen – Trennungen von meinen Eltern waren lange Zeit der problematisch für mich.

Jedes Mal, wenn wir zu meinen Großeltern fuhren, fuhr mein Vater immer stur die B75 entlang, durch Eilbek hindurch. Warum er diesen Umweg fuhr, wurde nie thematisiert – oder falls doch, dann damit begründet, dass mein Vater nun mal nicht gerne Autobahn fährt. Heute ist mir klar, dass er durch seine Kindheitsstraßen fuhr, durch Straßenzüge, die inzwischen größtenteils ganz anders aussehen als vor dem „Feuersturm“.

Er hat zwar oft über den Krieg gesprochen, aber eigene Erlebnisse dabei außen vor gelassen. Dass er anscheinend als Jugendlicher so gerne paddelte, dass er sich ein eigenes Kanu zulegte, erzählte er nie. Paddeltouren machten wir nie.

Das Feuersturm-Denkmal.
Als Kind habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht, warum nicht – es gab genügend andere Unternehmungen. Obwohl: Unter den  Kunden meines Vaters war ein Kanuverleih, und da hätte es schon nahe gelegen, dass wir mal eine Tour machten – so, wie wir andere seiner Kunden auch mit Aufträgen bedachten. Im Nachhinein denke ich mir, es hängt mit seinen Erlebnissen im „Feuersturm“ zusammen, dass ihm nicht mehr nach Paddeln war.

Wenn ich heute an dem Feuersturm-Mahnmal vorbeifahre oder -gehe, halte ich ganz automatisch einen Moment inne, denke an meinen Vater, an die Flucht durch die zerstörten Straßen und über die Kanäle und an das Glück, im Frieden leben zu dürfen – ein Glück, das viel zu wenig Menschen haben.

Die Geschichte meines Vaters  ist einer der Gründe, warum ich die Initiative "Blogger für Flüchtlinge" unterstütze.

Freitag, 11. September 2015

H54F - High 5 for Friday #37/2015

Zu Hause ist es durch die Baustelle nach wie vor einfach gruselig. Jeden Tag erleben wir eine neue Katastrophe. Wie jedes Mal, wenn der Vermieter irgendwas renoviert, saniert, modernisiert, versuche ich, vorher in Erfahrung zu bringen, was uns erwartet. Wie jedes Mal weiß der Vermieter es selbst nicht.

Okay, angesichts der Erfahrungen, die wir in den letzten zwölf Jahren machten, müsse wir dankbar sein, wenn wir überhaupt von den Maßnahmen erfahren. Einmal war ich nur zufällig zu Hause, als Bauarbeiter ohne irgendeine Ankündigung beginnen wollten, neue Fenster einzubauen - im Winter, bei knietiefen Schnee. Wäre ich nicht wie eine Furie auf ihn los und hätte ihn gestoppt, hätte er die Fenster einfach rausgekloppt. Seitdem erhalten wir zumindest eine vage Information über Bauarbeiten - manchmal sogar vor deren Beginn.

In dieser Woche wurden die Balkonmöbel und -pflanzen, die laut Vermieter eigentlich nicht entfernt zu werden brauchten, kurzerhand abgeräumt. Die Pflanzen und eine Fliegengittertür sind hin, die Möbel können wir hoffentlich noch retten. Die Arbeiter strichen nämlich das Balkongitter, das eigentlich nicht gestrichen werden sollte, und die Fenster- und Türrahmen, die sie eigentlich von innen streichen sollten. Da sie von außen gestrichen wurden, verklebten die Rahmen. Da sind Profis am Werk, die den Gatten vorgestern mit der Forderung, doch bitte die Fenster aufzulassen, wenn er zur Arbeit geht, damit sie besser streichen können, erfreuten. Ja, nee, is klaa. .

Zurzeit warten wir darauf, dass auch die Pflanzen im Garten abgeräumt werden. Die Möbel, die keinen Platz mehr in der Wohnung fanden, stehen schon seit Wochen Wind und Wetter ausgeliefert in der Gegend rum und werden wohl ersetzt werden müssen. Wir hatten sie, genau wie die Pflanzen, nach den Angaben des Vermieters so gelagert, dass sie die Fassadenarbeiten nicht stören, aber die Arbeiter waren anderer Ansicht.

Angesichts der Situation zu Hause ist es umso wohltuender, inne zuhalten und mich auf die schönen Dinge der zurückliegenden Tage zu konzentrieren. In dieser Woche mag ich Folgendes für die wöchentliche Linkparty von Pünktchen und Viktoria mit der Welt teilen:

1. Der Gatte und ich hatten einen gemeinsamen Sonntagnachmittag und -abend im Kreise lieber Menschen bzw. miteinander. Das ist selten, denn zum einen unternehmen wir selten etwas gemeinsam mit Freunden, weil der Gatte lieber für sich ist, zum anderen is(s)t er sonntags abends normalerweise bei seiner Mutter. 

Oft höre ich deswegen Verwunderung bis hin zu "Dass du das nicht unterbindest?!", aber mal ehrlich: Warum sollte ich? Seine Mutter freut sich, ihren Sohn zu sehen, ihr Sohn freut sich, den Hund zu sehen und in Ruhe in der dortigen Werkstatt zu kruschteln, ich freue mich auf einen ruhigen Tatort-gucken-und-Tagebuch-schreiben-Abend mit der Möglichkeit, etwas zu kochen, das der Gatte nicht isst, oder ich lade mir Freunde ein. Alle Beteiligten leben gut damit, warum sollte ich darum also ein Gewese machen?! 

Umso mehr genieße ich gemeinsame Sonntagabende. Diesmal gingen wir spontan griechisch essen. 

2. Wir bekamen eine üppige Strom-Rückzahlung. Das freut das Sparbuch. 

3. Wir haben es endlich geschafft, uns Aufsteck-Sonnenbrillen* machen zu lassen. Der Gatte wünschte sich seine von mir zum Geburtstag, ich ließ mir dann eine mitmachen, denn so schnell trage ich bestimmt keine Kontaktlinsen mehr - als ich die trug, hatte ich mehrere schicke Sonnenbrillen, aber seitdem ich wieder Brille trage, fehlte mir eine. Optische Sonnenbrillen wollten weder der Gatte noch ich. Bei dem momentanen Wetter freue ich mich jeden Tag über die Neuerwerbung. 

4. Ich hatte Zeit und Gelegenheit, auf die in der Sonne glitzernde Alster zu gucken. Das ist wie ein Kurzurlaub. 

5. Wie jedes Jahr um den 11. September herum bin ich sehr dankbar, dass wir uns 2001 entschieden, die ersten beiden Septemberwochen nicht in New York, sondern in Südtirol zu verbringen, und die Buchung im Marriott-Hotel im World Trade Center zwei Wochen vor der geplanten Abreise stornierten, weil wir uns nicht auf einen Rückflugtermin einigen konnten (ich hätte nach dem geplanten Urlaub länger in NYC bleiben und arbeiten können, der Gatte wollte aber nicht ohne mich heimfliegen, weil's unser erster gemeinsamer Urlaub war).  

Wie war Deine Woche? Was hast Du an Schönem erlebt? 
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Mittwoch, 9. September 2015

Rezension: "Totengedenken" von Rennie Airth

Als ich um ein Rezensionsexemplar von "Totengedenken"* von Rennie Airth bat, erwartete ich einen Krimi, der im Großbritannien des Zweiten Weltkriegs spielt, heißt es im Klappentext doch: "England 1947. Die Wunden des Zweiten Weltkriegs sind kaum verheilt, als eine erschreckende Mordserie der Polizei Rätsel aufgibt: Wer tötet anscheinend unbescholtene Männer, die keine erkennbare Verbindung zueinander hatten?

Und warum hat sich ein Opfer kurz vor seinem Tod nach dem ehemaligen Scotland-Yard-Inspector John Madden erkundigt? Der pensionierte Madden nimmt an der Seite seines früheren Protegés Detective Inspector Billy Styles die Ermittlungen auf und stößt auf eine alte Rechnung, die noch lange nicht beglichen ist ..."

Die Handlung von "Totengedenken"* spielt zwar im England des Jahres 1947, aber schnell wird klar, dass es eigentlich um den Ersten Weltkrieg geht. Das, so weiß ich inzwischen, ist auch bei den beiden ersten Bänden der Serie um John Madden so.

"Totengedenken"* baut auf den Krimis "Nacht ohne Gesicht"* und "Orte der Finsternis"* auf, die bislang zurzeit nur als eBook auf Deutsch erschienen vorliegen, aber gedruckt noch antiquarisch erhältlich sind. Der dritte Band der John-Madden-Reihe, "The Dead of Winter", ist leider noch nicht auf Deutsch erschienen, so dass oft fälschlicherweise von einer Madden-Trilogie die Rede ist. Die Handlung der Bücher ist aber in sich abgeschlossen und auch zu verstehen, ohne die ersten zwei bzw. drei Bücher zu kennen, denn alle Figuren werden bei ihrem ersten Auftreten kurz eingeführt. Zudem liegen zwischen den einzelnen Fällen jeweils einige Jahre, so dass sich Handlung und Charaktere nicht stringent entwickeln.

John Madden, dessen Rückzug auf's Land sich schon im ersten Band ankündigte, lebt nun vollends als Farmer auf dem Land, ist aber gelegentlich in London, um sich um eine alte Verwandte und ihr baufälliges Haus zu kümmern. So kann er immer wieder in die Ermittlungen seiner ehemaligen Kollegen unterstützend eingreifen, auch, weil seine Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg wichtig sind.

Ich war nur kurz enttäuscht, dass nicht das Nachkriegsengland oder das England des Zweiten Weltkriegs eine tragende Rolle in Airths drittem Roman spielt, denn der Kosmos um John Madden nahm mich schnell gefangen, so schnell, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und mir gleich die beiden Vorgängerbände auf den Reader lud. Und in den Teilen der Handlung, die in London spielen, werden die Narben, die der Krieg riss, doch immer wieder sichtbar: Ruinen, Lebensmittel- und Benzinrationierung ... Natürlich darf auch der vermeintlich typische Londoner Nebel nicht fehlen und muss die Ermittlungsarbeit gelegentlich ordentlich erschweren.

Im Vergleich zu den ersten Bänden tritt Madden immer mehr in den Hintergrund, was mich aber nicht so sehr störte, da die Charaktere seiner Kollegen an Profil gewinnen. Airth erzählt in ruhigem Ton von der Entwicklung der Mordserie und den Ermittlungen in den vorforensischen Zeiten, als es anscheinend mehr auf kleinteilige Detektivarbeit ankam. Spannend ist auch der Umstand, dass im Scotland-Yard-Team inzwischen auch Frauen mitarbeiten, womit sich manch alter Haudegen schwer tut.

Etwa nach der Hälfte des Buches ist zu ahnen, wer für die Mordserie verantwortlich sein könnte und welches Motiv es gibt. Dennoch bleibt die Handlung spannend, nimmt unerwartete Wendungen. Und zum Schluss hin, als sich alles fügt, wird Airth unerwartet temporeich.

Fazit: Ein atmosphärisch dichter Krimi aus dem Nachkriegsengland, der einen in seinen Bann zieht, wenn man sich darauf einlässt.

Verlagsangaben zum Buch: Rennie Airth: Totengedenken / Roman / Originaltitel: The Reckoning / Aus dem Englischen von Ellen Schlootz / Taschenbuch / 416 Seiten / ISBN: 978-3-442-48263-4 / € 9,99 / Verlag: Goldmann

Hier geht's zur Leseprobe.

* Affiliate links zu den Büchern von Rennie Airth:

Montag, 7. September 2015

Ausgelesen: Bücher im August 2015

Im August hatte ich Urlaub und litt unter Schlaflosigkeit. Das ergab viel Zeit zum Lesen. Rechtzeitig zum Urlaub trafen auch einige Rezensionsexemplare ein. Genug Lesefutter für schlaflose Nächte also.

Aus dem Juli nahm ich das Buch "Kurschattenerbe" von Sigrid Neureiter mit. Es spielt wie der Vorgängerband "Burgfrieden"*, in Südtirol, in Meran (das bekam das Lektorat anscheinend nicht immer so ganz mit, denn die Handlung verrutscht schon mal nach Bozen, wo der erste Band spielt).

Die Handlung ist schnell erzählt: "PR-Beraterin Jenny Sommer nimmt an einem Symposium in Meran teil, das sich mit dem Ritter und Minnesänger Oswald von Wolkenstein beschäftigt. Als einer der Wissenschaftler verschwindet, beginnt sie auf eigene Faust zu ermitteln. Noch ahnt sie nicht, dass in unmittelbarer Nähe ein Mord geschehen ist. Haben beide Vorfälle etwas miteinander zu tun? Jenny verfolgt eine Spur, die sie zum Schloss Tirol führt. Die Suche im Schatten des Wahrzeichens von Südtirol führt sie weit in die Vergangenheit", heißt es im Klappentext.

Ich erinnere, dass ich mich schon mit "Burgfrieden" schwer tat und nur am Ball bliebt, weil die Geschichte in Bozen und auf Schloss Runkelstein spielt. Auch bei "Kurschattenerbe" hielt ich nur wegen des Meraner Lokalkolorits durch. Die Handlung entwickelt sich sehr behäbig und gelegentlich nicht immer logisch, zum Schluss hin dann wiederum so rasant, dass ich den Eindruck hatte, Neureiter wolle schnell zum Ende kommen. Mal schauen, ob ich den dritten Band, "Dolomitenrot", lese - vielleicht, wenn er mir in der Onleihe über den Weg läuft.

Schon viel besser gefiel mir "Der Atem Gottes", ein Sherlock Holmes-Pastiche von Guy Adams. Fans der BBC-Serie "Sherlock"  werden den Autor kennen: Er veröffentlichte u.a. ein Faktenbuch zur Serie. Anders als das Pastiche von David Gray las ich dieses mit großem Vergnügen: Adams kennt sich in Doyles' Kanon bestens aus, die Figuren sind klassisch charakterisiert. Weniger klassisch hingegen ist die Handlung: Holmes und Watson werden zu Geisterjägern.

Zum Inhalt: Nach dem Tode seiner Frau zieht Watson wieder bei Holmes ein. Gleichzeitig kommt es in London zu mysteriösen Todesfällen, die nur den Schluss zulassen, dass sie eine übernatürliche Ursache haben. Für einen rational denkenden Menschen wie Holmes ist das natürlich nicht hinnehmbar. Gemeinsam mit Watson macht er sich an die Klärung der Todesumstände (wobei der arme Watson sich im Laufe der Handlung alleine übernatürlichen Phänomenen ausgesetzt sieht, da Holmes abtaucht).

Für Holmes-Puristen ist der Roman mit seiner Mischung aus realen und fiktiven Charakteren, seiner mystisch-esoterischen Handlung sicher zu abgedreht. Mir hat das Buch aber sehr viel Spaß gemacht. Ich konnte es kaum aus der Hand legen, gruselte mich gehörig, habe Lust auf den zweiten Band und darauf, das eine oder andere Buch von H.P. Lovecraft zu lesen. Zum Show Down kommt es übrigens in einer der Londoner U-Bahn-Baustellen, was mir ebenfalls sehr gut gefiel.

Anschließend widmete ich mich einigen Rezensionsexemplaren. Die Rezension zu "Die Geschichte meiner Familie in Äxten und Sägen" ist schon online, die zu "In einer kalten Winternacht" und "Totengedenken"* folgt demnächst. "Totengedenken" gefiel mir so gut, dass ich mir gleich die beiden Vorgängerbände, "Nacht ohne Gesicht" und "Orte der Finsternis" auf's eBook lud.

"Nacht ohne Gesicht" las ich gleich im Anschluss. Es ist der erste Band mit dem Londoner Inspector John Madden, der seelisch schwer gezeichnet ist vom Ersten Weltkrieg. Als im Sommer 1921 in einem Herrenhaus im idyllischen Surrey vier bestialisch zugerichtete Leichen gefunden werden, befürchtet Madden, das es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Er soll Recht behalten. Gleichzeitig lernt John die junge, selbstbewusste Ärztin Helen kennen, die sein Leben verändern könnte.

Der ruhige Stil von Rennie Airth, der den Kosmos rund um John Madden erschuf, gefällt mir außerordentlich gut. Airth erzählt spannend, weiß mich zu fesseln, und auch, wenn der Täter etwa auf der Hälfte des Buches feststeht, bleibt seine Überführung spannend. Ich binde es ausgesprochen schade, dass es die beiden ersten Bände der John-Madden-Reihe auf Deutsch bislang zurzeit nur als eBook gibt (die Taschenbuchausgaben sind nur antiquarisch erhältlich).

Ich wollte den August mit der Lektüre der "Frickelbacher Kellergeister" beschließen, aber das Privatdetektivinnen-Duo zog mich nicht so sehr in seinen Bann, so dass ich das Buch beiseite legte und erstmal "Tod in der Hofburg" las. Auch hier folgt demnächst eine ausführliche Rezension.

Und wie war Euer Lese-August?

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Samstag, 5. September 2015

H54F - High 5 for Friday #36/2015

Wie im letzten H54F-Beitrag befürchtet, ist es zu Hause einfach nur gruselig: Der Garten ist ein Trümmerfeld, die Hecke teilweise zertreten, viele Balkon- und Gartenmöbel stehen in Wohn- und Esszimmer, das Gerüst ist so blöd aufgebaut, dass ich an die Pflanzen am Gartenrand nicht mehr rankomme, sie also nicht gießen kann, in den Pflanzgefäßen werden Gerüstteile gelagert (die Pflanzen darin sind also kaputt), die Fenster sind hermetisch und dunkel abgeklebt (Lüften ist also nicht, eben sowenig wie Tageslicht) und und und.

Während der ersten zwei Wochen dieses Chaos hatten wir auch noch Urlaub, den wir eigentlich zu Hause verbringen wollten. Am Ende waren wir so durch, dass wir das Sparschwein schlachteten und vier Tage nach Dänemark flohen. Endlich durchatmen!

Langsam aber überwiegt der Gleichmut, und ich kann mich wieder auf die schönen Dinge konzentrieren. In dieser Woche mag ich Folgendes für die wöchentliche Linkparty von Pünktchen und Viktoria mit der Welt teilen:

1. Der Gatte ist ein Jahr älter geworden. Dafür bin ich sehr dankbar, denn sein Leben stand in den letzten drei Jahren oft genug auf der Kippe. Die Reha und eine Medikamentenumstellung taten ihm sehr gut (wenngleich er momentan so rasant an Gewicht verliert, dass es mit der Medikamentierung langsam schwierig wird - irgendwas ist ja immer).

2. Schwiegermutter und Tante nahmen uns unsere Wäscheberge ab. Wir haben momentan keine Möglichkeit, Wäsche zu trocknen. Zwar gibt es im Haus einen Trockenkeller, aber der ist so feucht, dass die Wäsche auf der Leine schimmelt. Draußen können wir keine Wäsche trocknen wegen der Fassadenarbeiten, und drinnen ist der Platz durch die Draußenmöbel belegt.

So nutzen die Damen die letzten heißen Sommertage und bezwangen Berg um Berg. Wir haben jetzt sonnengetrocknete und gebügelte Wäsche in den Schränken.

3. Wir konnten zwei entspannte, harmonische Sommerabende mit Schwiegermutter und Tante auf Schwiegermutters Terrasse und in ihrem wunderbaren Garten genießen. Das tröstet ein wenig über den momentanen Verlust unseres Gartens hinweg.

4. Wir waren wieder mal bei Miss Yang essen. Zurzeit hat sie ein Mango-Sorbet als Dessert, das ist der Hammer. Hin da, marsch, marsch!

5. Mein Auto ist frisch gewaschen und gesaugt, vom Gatten liebevoll poliert, mit neuen Sitzbezügen und Luftentfeuchter ausgestattet worden. Es sieht jetzt richtig schmuck aus und muss sich nicht mehr schämen, wenn es neben den noblen Blaumannkutschen im Parkhaus steht.

Und wie war Deine Woche? Was hast Du am Wochenende Schönes vor? Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende und eine gute Woche.