Sonntag, 15. April 2018

#12von12 im April 2018

Heute bin ich nicht in Hamburg, sondern in Borstel, das wiederum zu Sülfeld gehört, einem Ort mit knapp 3.500 Einwohnern mitten im schleswig-holsteinischen Nirgendwo, wo die Uhren bummelig 30 Jahre nachgehen.

#1: Sonnenaufgang vor dem Klinikfenster.
Mein Tag beginnt früh: Um halb fünf reißt eine Krankenschwester meine Zimmertür auf, schlägt meine Bettdecke zurück, rupft Schlafmaske, Elektroden und Meß-Dingsis von mir ab, denn: "Der Messzeitraum ist beendet".

#2: Die Reste der Nacht entfernen.
Einzig die Elektroden im Gesicht lässt die Schwester mir, weil: "Die können Sie sich selbst abmachen." Ah ja.

#3: Warten und stricken.
Ich lasse die Elektroden, wo sie sind, drehe mich auf die andere Seite und versuche noch etwas zu schlafen, bis um halb sieben die nächste Krankenschwester zum Fiebermessen kommt und die Nacht entgültig zu Ende ist.

#4: Warten und Strickmuster notieren.
Aufstehen, duschen, anziehen, frühstücken, dann zweieinhalb Stunden warten auf die Visite oder weitere Untersuchungen. Ich bin optimistisch, dass ich heute nach Hause darf.

#5: Warten und Tagebuch schreiben.
Bei der Visite teilt mir ein Arzt mit, der Oberarzt sei heute nicht im Hause, daher könne ich gehen, er würde mich irgendwann anrufen, um die weitere Behandlung mit mir zu besprechen.

#6: Gleich geht's los.
Nun gut, wir doktern an der ganzen Sache ja erst seit acht Monaten rum, also warte ich einfach weiter zu. Ich habe ja Gott sei Dank nichts Lebensbedrohliches, im Gegensatz zu vielen Mitpatienten.

#7: Kerze anzünden.
Meine Sachen sind schnell gepackt und verladen. Ich verzichte aufs Mittagessen, weil ich weiß, dass ich schnell zu Hause bin und lieber da esse. Nicht, dass das Essen in der Klinik schlecht ist, aber ich will dort nicht mehr Zeit verbringen als notwendig, und bis zur Essenszeit wär's noch gut 'ne Stunde.

#8: Die Segel heimwärts setzen.
Auf dem Heimweg mache ich einen Umweg zum Friedhof in Sülfeld, um eine Kerze an einem Gräberfeld für die Kleinkinder polnischer und ukrainischer Zwangsarbeiter aufzustellen, denn heute ist Yom haShoah, der Gedenktag für die Opfer der Shoah, für den jüdischen Widerstand und die jüdischen Untergrundkämpfer.

#9: Mittagbrot.
Nun sind die Kinder keine Juden, aber ich weiß, dass mein Gott damit kein Problem hat, und mit seinem katholischen Kollegen wird er sich schon irgendwie arrangieren.

#10: Feierabendbier mit dem Gatten auf dem Balkon.
Zu Hause gibt's Mittagbrot, dann melde ich mich für den nächsten Tag im Büro an, mache ein bisschen Mittagsschlaf, und irgendwann ist dann auch der Gatte da. Wir tauschen uns über die letzten drei Tage aus, denn so lange war ich weg, und trotz abendlicher Telefonate gibt's noch das eine oder andere zu erzählen.

#11: Theaterkarten bestellen.
Schon bevor ich weg fuhr, bat der Gatte mich darum, Theaterkarten zu bestellen. Er will immer noch in das Stück, also bestelle ich sie jetzt. Der Gatte macht derweil Abendessen. Den Rest des Abends verbringe ich strickend und fernsehend auf dem Sofa. Vor dem Einschlafen lese ich noch etwas, aktuell "Kaiserschmarrndrama*" von Rita Falk*.

#12: Lesen* mit der Hasenbande.
Wie jeden Monat am 12. sammelt Caro von Draußen nur Kännchen 12 Impressionen unseres Tags. Vielen Dank dafür!

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